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Keimverschleppung durch medizinische Berufskleidung

Unterarme frei für die Patientensicherheit!

Die Wahl der Berufskleidung spielt im medizinischen Alltag eine wichtige Rolle für die Patientensicherheit, wenn es um die Vermeidung von Keimverschleppungen geht. Wissenschaftliche Studien zeigen eindrücklich, wie stark Kittel und andere medizinische Kleidungsstücke mit Pathogenen kontaminiert sein können. Taschen und lange Ärmel sind besonders häufig kontaminiert, so dass sich Kliniken zunehmend gegen die klassischen langärmeligen Kittel und für kurzärmelige Kasacks aussprechen.

Ein hoher Anteil medizinischer Berufskleidung ist mit Keimen kontaminiert

Laut einer US-Studie sind bis zu 30 % der medizinischen und pflegerischen Kleidungsstücke mit pathogenen Bakterien belastet [1]. Der Grad der Verunreinigung hängt dabei offensichtlich stark von den jeweiligen Tätigkeiten ab. Pflegekräfte, die Patienten badeten oder solche mit Wunden versorgten, wiesen deutlich höhere Kontaminationsraten auf. In jeweils 16 % aller Proben fanden die Forschenden Staphylococcus aureus oder gramnegative Bakterien, während sich Enterokokken in 3 % und multiresistente Erreger sogar in 6 % der Proben nachweisen ließen [1]. In einer israelischen Studie wurden die Kleidungsstücke hinsichtlich besonders kontaminationsgefährdeter Stellen wie Ärmel oder Kitteltaschen untersucht. Mit mehr als 60 % war der Anteil kontaminierter Kleidung in der israelischen Untersuchung höher, wobei häufig mit den Händen in Berührung kommende Stellen – vor allem die Taschen – besonders oft keimbelastet waren [2].

Keime können lange auf Textilien persistieren

Ein Übersichtsartikel von 2020 weist außerdem darauf hin, dass Keime auf bestimmten Textilien sehr lange überdauern können. Während Bakterien auf Polyester in Einzelfällen bis zu 206 Tage überleben, sterben sie auf Baumwolle und Mischgewebe meist nach etwa 90 Tagen ab. Viren verlieren ihre Infektiosität hingegen deutlich schneller und bleiben auf Textilien in der Regel „nur“ zwei bis vier Wochen aktiv [3]. Damit wird deutlich, wie wichtig Textilhygiene für den Infektionsschutz in der Patientenversorgung ist.

Warum werden weiße Kittel nicht einfach flächendeckend abgeschafft?

Trotz der hygienischen Herausforderungen besitzt der klassische weiße Arztkittel nach wie vor eine besondere Bedeutung: Eine Umfrage der Johns-Hopkins-Universität zeigte, dass Ärztinnen und Ärzte im weißen Kittel als erfahrener, professioneller und freundlicher wahrgenommen werden als Kolleginnen und Kollegen in Fleece- oder Softshell-Jacken [4]. Der weiße Kittel wirkt also positiv auf das Vertrauen der Patientinnen und Patienten. Dennoch braucht es klare Hygieneregeln, um die Kittelnutzung innerhalb eines festgelegten Rahmens sicherer zu gestalten. Dazu gehört es beispielsweise, den Kittel täglich zu wechseln, ihn nicht außerhalb der Gesundheitseinrichtung zu tragen und bei direkten Tätigkeiten am Patienten abzulegen und ordnungsgemäß aufzuhängen [3,5].

Warum „bare below the elbow“ in bestimmten Bereichen essenziell ist

Poster zur Veranschaulichung der Keimverschleppung durch kontaminierte Berufskleidung.

Selbst wenn ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Kittel vorausgesetzt wird, kann die hygienische Händedesinfektion mit langen Ärmeln aufgrund der Gefahr einer Rekontamination kaum effektiv sein. Kurzärmelige Kleidung ist in vielen medizinischen Bereichen daher ein wichtiger Bestandteil der Infektionsprävention. Freie Unterarme sind – neben der Auswahl eines geeigneten Hände-Desinfektionsmittels – Voraussetzung für eine korrekte und vollständige Händedesinfektion. Zu den hygienischen Standardanforderungen an die medizinische und pflegerische Berufskleidung gehören außerdem [6,7]:

  • Verzicht auf Ringe
  • Verzicht auf Nagellack oder künstliche Nägel
  • Verzicht auf Armbänder oder Uhren

Dieses Konzept – international bekannt als „bare below the elbow“ (zu deutsch: "Unterarme frei") – reduziert das Risiko, dass Krankheitserreger an Händen und Unterarmen haften bleiben oder durch die Kleidung übertragen werden.

Berufskleidung im Gesundheitswesen muss folglich verschiedene Anforderungen erfüllen: Sie soll höchste Hygienestandards unterstützen und gleichzeitig Vertrauen schaffen. Freie Unterarme in Kombination mit einer guten Händehygiene bleiben dabei ein zentrales Prinzip, um Patientinnen, Patienten und Personal bestmöglich zu schützen.

Hier können Sie das Poster „Unterarme frei für die Patientensicherheit“ herunterladen.

Quellen

  1. Thom KA et al. (2018) Frequent contamination of nursing scrubs is associated with specific care activities. Am J Infect Control 46: 503-506.
  2. Wiener-Well Yet al. (2011) Nursing and physician attire as possible source of nosocomial infections. Am J Infect Control 39: 555-559.
  3. Kampf G (2020). How long can nosocomial pathogens survive on textiles? A systematic review. GMS Hyg Infect Control 15: Doc10.
  4. Xun H et al. (2021) Public Perceptions of Physician Attire and Professionalism in the US. JAMA Netw Open 4: e2117779.
  5. Neves HCC et al. (2018). Factors associated with inadequate white coat handling practices by health care workers. J Nursing Health Sci 7: 64-70.
  6. KRINKO (2016) Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens. Bundesgesundheitsbl 59: 1189-1220.
  7. World Health Organization (2009) WHO Guidelines on Hand Hygiene in Health Care (aufgerufen am 26. November 2025)

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