HSC Symposium

Looking back and ahead - Past and future challenges in infection prevention

Auf einen Blick: Highlights des HSC Online-Symposiums 2023

Am 15. Juni 2023 wurde unsere Online-Symposiumsreihe mit dem Thema „Rückblick und Ausblick Vergangene und künftige Herausforderungen in der Infektionsprävention“ fortgeführt. Die dreistündige Veranstaltung war in zwei Sessions aufgeteilt. Die erste Session trug den Titel “Ein Blick zurück: Die COVID-19-Pandemie als Chance Auswirkungen auf die heutige Infektionsprävention”. Im Rahmen dieses Veranstaltungsteils berichteten Professor Dr. Johannes Knobloch (Leiter Arbeitsbereich Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland), Dr. Jon Otter (Direktor für Infektionsprävention und -kontrolle, Guy’s and St. Thomas‘ NHS Foundation Trust, London, Großbritannien) und Dr. Alexandra Peters (Wissenschaftliche Leitung des Programms CLEAN HOSPITALS | Infektionskontrolle & WHO-Kollaborationszentrum für Infektionsprävention und -kontrolle und antimikrobielle Resistenz, Genf, Schweiz) über die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die heutige Infektionsprävention. Die zweite Session lief unter dem Titel “Blick in die Zukunft: Künftige Herausforderungen in der Infektionsprävention“.In diesem Veranstaltungsteil haben Dr. Milo Halabi (Leiter des Instituts für Pathologie, Mikrobiologie und Infektionsdiagnostik, Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried, Österreich), Stefan Krojer (Gründer und Geschäftsführer von ZUKE Green, Erkelenz, Deutschland) und Dr. Jan Schröder (Senior Scientist Formulation Development & Risk Manager, BODE Chemie GmbH, ein Unternehmen der HARTMANN GRUPPE, Hamburg, Deutschland ) einen Überblick über zukünftige Herausforderungen und Lösungsansätze der Infektionsprävention gegeben.

Lehren aus der Pandemie – Erfahrungen eines Krankenhauses

Prof. Knobloch gab in seinem Vortrag einen Überblick über die Lehren aus der Pandemie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und betonte, dass Ausbrüche und andere Übertragungsereignisse den größten Einfluss auf Erkenntnisse und damit auf infektionspräventive und Hygienemaßnahmen haben. Nach seinen Erfahrungen ist es sehr wichtig, den Gebrauch einer geeigneten persönlichen Schutzausrüstung und insbesondere die korrekte Verwendung von Atemschutz ausreichend zu schulen und mit einem Fit-Test zu verbinden. Die Verwendung von Atemschutzmasken mit Ohrschlaufen wurde am UKE aufgrund der schlechten Fit-Tests wieder untersagt. Zudem zeigte sich, dass der Schutz auch bei gut ausgebildetem Personal mit hochwertigen Atemschutzmasken bei Dauereinsatz versagen kann. Neben Atemschutzmasken sprach Prof. Knobloch auch über die Verbreitung von Viren über Flächen. Sein Team hat nachgewiesen, dass die Übertragung von SARS-CoV-2 über Oberflächen sehr unwahrscheinlich sei und PCR-Methoden nicht geeignet für die Abschätzung der Infektiosität von unbelebten Oberflächen sind. Anders sieht es bei Viren aus, die sich dermal replizieren, wie dem Affenpocken-Virus: hier kann es zu einer signifikant höheren Kontamination von Oberflächen kommen als durch SARS-CoV-2.

Zur Verwendung von Handschuhen betonte er, dass diese nur vor grober Kontamination (Umgang mit Sekreten) schützen und jeder Moment der Händedesinfektion auch eine Indikation für einen Handschuhwechsel ist. In diesem Zusammenhang sind die 5 Momente der Händedesinfektion zu berücksichtigen. Prof. Knobloch berichtete, dass als Folge der Erfahrungen während der Pandemie in seiner Einrichtung u.a. die Regel zur Handschuhnutzung geändert wurde. So werden Handschuhe weiterhin zur Prävention vor Kontamination mit groben Verunreinigungen eingesetzt, aber in Isolierzimmern nicht mehr generell genutzt.

Prof. Dr. Johannes Knobloch: "Die stärkste Wirkung haben die Erkenntnisse aus Ausbrüchen und anderen Übertragungsereignissen".

Die Bedeutung einer sorgfältigen Wortwahl bei der Kommunikation von nosokomialen Infektionen und antimikrobiellen Resistenzen

Dr. Jon Otter berichtete in seinem Vortrag anhand einiger Beispiele über die Bedeutung der Sprache bei der Kommunikation von nosokomialen Infektionen und antimikrobiellen Resistenzen. So hat zum Beispiel die Kommunikation während der COVID-19-Pandemie das Tragen der persönlichen Schutzausrüstung und die Händehygiene beeinflusst. Die Pandemie hat gezeigt, dass der übermäßige und der falsche Gebrauch von persönlicher Schutzausrüstung zu einem erhöhten Risiko für den Träger und zu einem erhöhten Risiko der Kreuzübertragung führt. Konkret bedeute dies, dass fehlerhaftes Verwenden von Handschuhen und Kitteln die Händehygiene negativ beeinflusst und zu mehr Kreuzkontaminationen führen kann [1,2]. Damit die Gesundheitskommunikation und Aufklärung Erfolg haben kann, ist es wichtig, die gleiche Sprache der Zielgruppe entsprechend anzupassen. Grundsätzlich gilt, seine Zielgruppe zu kennen und eine prägnante Botschaft zu entwickeln. Des Weiteren sollte eine Konsultation mit den Stakeholdern durchgeführt und ein beharrliches Auftreten als Teil einer überzeugenden Marke an den Tag gelegt werden.

Dr. Jon Otter: "Die derzeitige Sprache muss sich ändern weniger technisch, mehr aussagekräftig Botschaften, die für die Zielgruppe eine Bedeutung haben, werden mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Verhaltensänderung führen.“

Das Projekt CLEAN HOSPITALS: Wie kann die Flächenhygiene auf globaler Ebene verbessert werden?

Die Umwelthygiene ist ein entscheidender Hebel, um die Rate nosokomialer Infektionen zu reduzieren [3]. Doch in der Praxis ist dieser Bereich in der Regel wenig erforscht und unterfinanziert. Dr. Peters berichtete, dass hier das CLEAN HOSPITALS Projekt ansetzt – ein Zusammenschluss internationaler Akteure, die sich für die Förderung und Unterstützung der Flächenhygiene im Gesundheitswesen einsetzen. So wird seit 2020 mit dem jährlichen CLEAN HOSPITALS DAY am 20. Oktober auf die Bedeutung der Flächenhygiene hingewiesen. Teil des CLEAN HOSPITALS Projektes sind unter anderem wissenschaftliche Publikationen. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Reinigung und Desinfektion von Flächen (environmental hygiene) bedeutend für die Patientensicherheit ist [4]. Eine weitere Studie unter 51 Einrichtungen verdeutlicht, dass 98 % der Einrichtungen in mindestens einem der fünf Hauptbestandteile der Flächenhygiene einen erheblichen Mangel aufwiesen [5]. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wird aktuell das HEHSAF entwickelt: ein Online-Tool zur Bestimmung der aktuellen einrichtungsspezifischen Flächenhygiene.

Dr. Alexandra Peters: "Wir hoffen, dass wir durch das Aufbrechen von Silos zwischen öffentlicher und privater Sphäre zur Verbesserung der Patientensicherheit und zur Verringerung der Antibiotikaresistenz beitragen können.“

Mit KI zur verbesserten Kontrolle von nosokomialen Infektionen

Dr. Milo Halabi zeigte in seinem Vortrag, welche digitalen Möglichkeiten bei der Kontrolle von nosokomialen Infektionen bestehen. Jedes Jahr erleiden 4,1 Millionen Patienten in Europa eine nosokomiale Infektion. In Deutschland bedeutet dies zusätzliche Hospitalkosten von 200 Millionen Euro pro Jahr. Die Digitalisierung kann in diesem Zusammenhang dazu beitragen, nosokomiale Infektionen ausfindig zu machen. Eine KI (Künstliche Intelligenz)-gestützte Softwarelösung automatisiert so z. B. bereits Teile der Überwachung von nosokomialen Infektionen durch die Analyse von Patientenakten. Das Ergebnis dieser Analyse ist eine Zeitleiste der Ereignisse, die als Grundlage für die Identifizierung des Auftretens von nosokomialen Infektionen dient. Die automatische Identifizierung basiert auf den Standarddefinitionen des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und des Krankenhaus-Infektions-Surveillance-Systems (KISS) für therapieassoziierte Infektionen. Dr. Halabi spricht sich für die Verwendung solcher technischen Lösungen aus, die Daten sammeln, bereitstellen und so eine vereinfachte Interpretation durch die Fachärzte ermöglichen.

Dr. Milo Halabi: „Die Notwendigkeit einer systematischen Überwachung von nosokomialen Infektionen steht außer Frage aufgrund der Auswirkungen auf Morbidität, Mortalität und Kosten."

Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen – Strategieempfehlung & Best Practice

Stefan Krojer, Gründer von ZUKE Green (Zukunft Krankenhaus-Einkauf), zeigte in seinem Vortrag auf, dass das Gesundheitswesen 5 % der globalen CO2 Emissionen verursacht. Dennoch hat das Thema der Nachhaltigkeit bisher eine marginale Bedeutung für die Krankenhäuser – insbesondere in der deutschen Region. So verfolgen nur 6 % der deutschen Krankenhäuser eine Nachhaltigkeitsstrategie. Neben positiven Beispielen aus der Praxis gab Stefan Krojer strategische Empfehlungen zur erfolgreichen Implementierung einer Nachhaltigkeitsstrategie. An erster Stelle steht die Schaffung einer nachhaltigen Organisationsstruktur gefolgt von der Status Quo Analyse (CO2- und Energie-Bilanz, Materialienanalyse). Im Anschluss kommt die Zieldefinition, inklusive der Incentivierung der Mitarbeiter und Maßnahmenumsetzung. Als finale Schritte sind die Kontrolle, Kommunikation der Leuchtturmprojekte und Zertifizierung zu nennen.

Stefan Krojer: „Die Kommunikation entlang der Wertschöpfungsketten zwischen den Akteuren ist die Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung".

Nachhaltige Desinfektion – erste Schritte in eine grüne Zukunft

Nachhaltige Desinfektion – erste Schritte in eine grüne Zukunft

Zum Abschluss des virtuellen Symposiums gab Dr. Jan Schröder (HARTMANN SCIENCE CENTER) einen Überblick über erste Schritte in Richtung nachhaltige Desinfektion. Der Fokus des Vortrags lag dabei auf Flächen-Desinfektionstüchern. Die modernen Anforderungen können mit den folgenden Elementen beschrieben werden: mikrobiologische Wirksamkeit, keine Toxizität für Mensch/Umwelt, Materialverträglichkeit, Benutzerfreundlichkeit und Nachhaltigkeit. Seit der Pandemie ist der Bedarf an Produkten mit viruziden Wirkungsspektren groß. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit ist die Wahl der Chemie in Desinfektionsmitteln ein wichtiges Thema für die Zukunft, um Toxizität und Persistenz (Akkumulation in der Umwelt) zu vermeiden. Forschung im Bereich der Materialverträglichkeit ist der Schlüssel zur Vermeidung von Ausfallzeiten und führt zu einer längeren und nachhaltigeren Nutzung von Medizinprodukten. Mit dem besonderen Blick auf die Nachhaltigkeit der Desinfektion besteht diese grundsätzlich aus verschiedenen Aspekten: Verpackung, Materialkompatibilität, Formulierung und Wirksamkeit. Bei künftigen Entwicklungen müssen alle Aspekte berücksichtigt werden, um eine nachhaltigere Art der Flächendesinfektion im medizinischen Bereich zu erreichen und unsere eigene Umwelt zu schützen.

Dr. Jan Schröder: "Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit ist die Wahl der chemischen Zusammensetzung des Desinfektionsmittels der wichtigste Punkt, der auch die Toxizität, die Persistenz und die Materialverträglichkeit umfasst."

Quellen:

[1] Verbeek JHet al.(2020) Personal protective equipment for preventing highly infectious diseases due to exposure to contaminated body fluids in healthcare staff. Cochrane Database Syst Rev. 4(4):CD011621.

[2] Loveday HP et al. (2014) epic3: national evidence-based guidelines for preventing healthcare-associated infections in NHS hospitals in England. J Hosp Infect. 86 Suppl 1:S1-70.

[3] Global Alliance for Infections in Surgery (k.A.) 7 strategies to prevent healthcare-associated infections, https://infectionsinsurgery.org/7-strategies-to-prevent-healthcare-associated-infections-2/ (aufgerufen am 16.06.2023)

[4] Peters A et al. (2022) Impact of environmental hygiene interventions on healthcare-associated infections and patient colonization: a systematic review. Antimicrob Resist Infect Control. 11:38

[5] Peters Aet al. (2022) Results of an international pilot survey on healthcare environmental hygiene at the facility level. Am J Infect Control. S0196-6553(22)00133-X.

Diese Artikel könnten Sie ebenfalls interessieren