Erregerbezogene Hygienemaßnahmen

Hygienemaßnahmen bei Noroviren

20.10.2014

Noroviren lösen akute Entzündungen des Magen-Darm-Traktes aus und sind weltweit verbreitet. In Deutschland zählen sie zu den häufigsten Verursachern meldepflichtiger infektiöser Gastroenteritiden. Ein saisonaler Schwerpunkt liegt in den Wintermonaten zwischen November und April. Zur Vorbeugung und Eindämmung von Noroviren müssen Hygienemaßnahmen, insbesondere die Händedesinfektion, konsequent eingehalten werden. Noroviren gehören zu den unbehüllten Viren, gegen die besonders leistungsstarke Desinfektionsmittel erforderlich sind.

Ansteckung, Symptome und Krankheitsverlauf

Noroviren werden über den Stuhl und Erbrochenes ausgeschieden. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral über direkten (Hände) oder indirekten Kontakt (Handkontakt mit kontaminierten Oberflächen). Das Virus ist zudem durch Tröpfchen übertragbar, die sich bei schwallartigem Erbrechen freisetzen, oder über kontaminierte Lebensmittel.

Bei einem infizierten Patienten befinden sich in jedem Gramm Stuhl bis zu 10 Millionen Noroviren-Partikel. Die hohe Viruskonzentration begünstigt die Ausbreitung des Erregers, zumal bereits zwischen 10 und 100 Viruspartikel genügen, um eine Infektion auszulösen. Kliniken und andere stationäre medizinische Einrichtungen sollten daher die mit Noroviren infizierten Patienten umgehend isolieren. Auch eine Kohortenisolierung mehrerer Erkrankter kann in Erwägung gezogen werden.

Symptome einer akuten Norovirus-Gastroenteritis sind Erbrechen und starker Durchfall, häufig begleitet von Übelkeit, Ermattung, Magen- und Kopfschmerzen sowie erhöhter Körpertemperatur. Zwischen 6 und 50 Stunden vergehen zwischen der Infektion und dem Ausbruch der Erkrankung. Die höchste Ansteckungsgefahr besteht während der akuten symptomatischen Beschwerden, die in der Regel zwischen 12 und 48 Stunden andauern. Jedoch kann das Virus bis zu zwei Wochen nach Abklingen der Symptome über den Stuhl ausgeschieden werden – mitunter sogar noch wesentlich länger.

Händedesinfektion bei Noroviren

Bei der Inaktivierung von Noroviren steht die hygienische Händedesinfektion im Fokus, die nach den Fünf Momenten der WHO erfolgen sollte. Zwingend ist eine Händedesinfektion bei Noroviren z. B. in folgenden Situationen:

  • nach Patientenkontakt
  • nach Ablegen der Einmalhandschuhe
  • vor Verlassen des Zimmers

Voraussetzung für die Einhaltung der Händedesinfektion ist eine ausreichende Zahl von gut platzierten Spendern.

Notwendiges Wirkungsspektrum für die Inaktivierung von Noroviren

Beim Auftreten von Norovirus-Infektionen oder –Ausbrüchen sind gemäß RKI für die hygienische Händedesinfektion Produkte mit dem Wirkungsspektrum begrenzt viruzid PLUS oder viruzid zu verwenden.1, 2

Wirkungsspektrum: „Begrenzt viruzid PLUS“

Zusätzlich zu allen behüllten Viren inaktivieren Desinfektionsmittel mit dem Wirkungsspektrum „begrenzt viruzid PLUS“ auch die besonders häufig für Ausbrüche verantwortlichen unbehüllten Adeno-, Noro- und Rotaviren. Die Prüfung von Händedesinfektionsmitteln wird gemäß RKI/DVV empfohlen. Falls Produkte ausschließlich nach europäischen Normen getestet wurden, sollten bestimmte Bedingungen (z. B. insgesamt midestens zwei unabhängige Tests mit Ermittlung des mittleren Konfidenzintervalls in den vorgegebenen Grenzen) berücksichtigt worden sein (gilt genauso für den Wirkungsbereich viruzid).

Der Vorteil des neuen Wirkspektrums: Für die hygienische Händedesinfektion kann ganzjährig dasselbe Desinfektionsmittel eingesetzt werden – eine Umstellung auf andere Produkte aufgrund saisonaler Ausbrüche kann entfallen. Bei hartnäckigen Ausbruchsgeschehen sollte jedoch ggf. auf ein viruzid wirksames Mittel umgestellt werden, wie das RKI auf Anfrage des BODE SCIENCE CENTERs empfiehlt.

Quellen:
Schwebke I et al. Prüfung und Deklaration der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln gegen Viren zur Anwendung im human-medizinischen Bereich. Bundesgesundheitsbl 2017, 60:1189-1220.

Eggers M., J. Mitteilung der Desinfektionsmittel-Kommission im VAH: Neuer Wirksamkeitsbereich begrenzt viruzid PLUS – was ist das? Hyg Med 2016, 41-12

Flächendesinfektion bei Noroviren

Bei der Inaktivierung von Noroviren spielt auch die Desinfektion von Flächen eine wichtige Rolle, da der Erreger bis zu sieben Tage auf unbelebten Oberflächen, wie z. B. Lichtschaltern, Nachttischen oder Arbeitsflächen, ansteckend bleiben kann.

Für die routinemäßige Desinfektion als auch für den Ausbruchsfall sollten gemäß RKI Flächen-Desinfektionsmittel eines der folgenden Kriterien erfüllen:

  • „low level“ viruzide Wirksamkeit (d. h. ohne Enteroviren) gemäß Carriertest der DVV.


    Prüfviren: Modified Vacciniavirus Ankara (MVA)/Vacciniavirus, Adenovirus sowie MNV.
  • viruzide Wirksamkeit nach RKI-Testmethode. Darunter fallen Produkte der RKI-Liste mit dem Wirkungsbereich A und B (Viruzidie).

Hintergrund: Surrogatvirus MNV

Humane Noroviren sind in Zellkulturen nicht vermehrbar. Aus diesem Grund werden Prüfungen zur Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln in der Regel am murinen Norovirus (MNV) durchgeführt. MNV eignet sich als Testvirus aufgrund seiner morphologischen Ähnlichkeit mit humanen Noroviren. Es ist Prüfvirus in der EN 14476 und den DVV/RKI-Methoden.


Weitere Informationen:

Händedesinfektionsmittel mit dem Wirkungsspektrum begrenzt viruzid PLUS.

Produkte mit einem viruziden Wirkungsspektrum.

Viruzide Produkte zur Flächendesinfektion

Quellen:

  1. Empfehlung der KRINKO beim RKI (2016) Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens. Bundesgesundheitsbl 2016 · 59:1189–1220

  2. Schwebke I et al. Prüfung und Deklaration der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln gegen Viren zur Anwendung im human-medizinischen Bereich. Bundesgesundheitsbl 2017, 60:1189-1220.

  3. Robert Koch-Institut (2014) Desinfektion bei Noroviren – Erläuterungen zur Prüfung und Deklaration der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln. Mitteilung des Robert Koch-Institutes und des Fachausschusses Virusdesinfektion der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten e. V. (DVV). Epidemiologisches Bulletin, 32/2014: 289 f. – online unterwww.rki.de(abgerufen am 22.09.2014).

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