Coronavirus SARS-CoV-2

Deutsche Studie zeigt Ausmaß von Long COVID

STIKO passt Impfempfehlungen gegen COVID-19 an

21.11.2022

Nach über zweieinhalb Jahren COVID-19-Pandemie und dank verschiedener Impfstoffe, die seit Anfang 2021 zur Verfügung stehen, ist bei weiten Teilen der Bevölkerung die Angst vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 mittlerweile der Inkaufnahme gewichen. Dass aber selbst Menschen, die eine akute COVID-19-Erkrankung glimpflich und mit wenig Symptomen überstehen, anschließend Langzeiteinschränkungen – auch bekannt als Long COVID – erfahren können, ist leider nicht von der Hand zu weisen. In welchem Ausmaß Long COVID in Deutschland Personen betraf, die sich zwischen Oktober 2020 und März 2021 mit SARS-CoV-2 ansteckten, zeigt jetzt eine aktuelle Veröffentlichung [1].

Fatigue und neurokognitive Einschränkungen bei jeder dritten Person noch nach über 6 Monaten

Zu Long COVID gibt es nach wie vor relativ wenige großangelegte Untersuchungen, die sich mit den Folgen einer akuten COVID-19-Erkrankung über den Zeitraum von 6 Monaten hinaus beschäftigen. Die Baden-Württembergische EPILOC-Studie erhob deshalb Daten zu Symptomen und Symptomclustern 6-12 Monate nach Infektion sowie zu Risikofaktoren und untersuchte, inwiefern der allgemeine Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen beeinträchtigt waren [1]. Zur Teilnahme eingeladen wurden insgesamt 50.457 Erwachsene aus Süddeutschland zwischen 18 und 65 Jahren mit PCR-bestätigter SARS-CoV-2-Infektion. Die Antwortrate betrug 24%, wobei die Angaben von 11.710 Personen ausreichend aussagekräftig waren, um in die Analyse einzugehen. Dabei stellte sich heraus, dass die Symptomcluster Fatigue mit 37,2% und neurokognitive Beeinträchtigungen mit 31,3% am stärksten zu verminderter Gesundheit und Arbeitsfähigkeit beitrugen. Weitere Symptomcluster von hoher Relevanz für Wohlbefinden und Arbeitsfähigkeit waren Brustkorbbeschwerden, Angst/Depression, Kopfschmerzen/Schwindel und Schmerzsyndrome. Insgesamt kam die Studie zu der Schätzung, dass 28,5% der Teilnehmenden unter Long COVID litten, wobei Verzerrungen durch Teilnahmeselektion und Erinnerungsvermögen nicht auszuschließen sind. Als Risikofaktoren für bestimmte Symptomcluster erwiesen sich u.a. Schwere der akuten Erkrankung, weibliches Geschlecht, höherer Body-Mass-Index, aktueller Raucherstatus sowie zunehmendes Alter. Das Autorenteam betont jedoch, dass auch jüngere Personen mit milder Akutinfektion von erheblichen Belastungen betroffen waren [1].

COVID-19-Impfung mit mindestens zwei Impfdosen senkt Long-COVID-Risiko

Während die EPILOC-Studie aufgrund des untersuchten Zeitraums hauptsächlich ungeimpfte Personen einschloss, nahm sich ein aktueller systematischer Review der Frage an, ob Impfungen das Risiko für Long COVID beeinflussen [2]. Nach Anwendung der Studienauswahlkriterien wurden 15 internationale Studien berücksichtigt, die insgesamt 185.689 geimpfte und 759.987 ungeimpfte Teilnehmende umfassten. Dabei ergab die statistische Auswertung der gepoolten Daten, dass das Risiko für Long COVID bei Geimpften (mindestens zwei Dosen) um 29% geringer war als bei Ungeimpften. Interessanterweise senkte selbst das Impfen NACH Infektion dieses Risiko [2]. Impfungen schützen also scheinbar nicht nur vor schwerer Erkrankung, Hospitalisierung und Tod, sondern zu einem gewissen Grad auch vor Long COVID.

STIKO empfiehlt Omikron-adaptierte bivalente mRNA-Impfstoffe für Auffrischimpfungen

Während derzeit verfügbare Studienergebnisse zum Impfschutz noch auf den „alten“ Impfstoffen beruhen, sind seit September 2022 in der EU auch Omikron-adaptierte bivalente mRNA-Impfstoffe zugelassen. Wie im Epidemiologischen Bulletin 40/2022 des Robert Koch-Instituts nachzulesen ist, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) nun bevorzugt diese für Auffrischimpfungen ab 12 Jahren [3]. Auch wenn klinische Daten zu einer möglichen höheren Wirksamkeit bisher nicht ausreichend vorliegen, darf gehofft werden, dass die angepassten Impfstoffe auch wieder besser vor Ansteckung schützen – was in Anbetracht der bevorstehenden Wintersaison erfreulich wäre!


Quellen:

  1. Peter RS et al. (2022) Post-acute sequelae of covid-19 six to 12 months after infection: population based study. BMJ 379: e071050. https://doi.org/10.1136/bmj-2022-071050
  2. Gao P et al. (2022) Effect of COVID-19 Vaccines on Reducing the Risk of Long COVID in the Real World: A Systematic Review and Meta-Analysis. Int J Environ Res Public Health 19: 12422. https://doi.org/10.3390/ijerph191912422
  3. Robert Koch-Institut (2022) Epidemiologisches Bulletin 40/2022. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2022/40/Art_01.html (aufgerufen am 28.10.2022)

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